Projekt SchuB

Das Projekt Schule und Betrieb (SchuB) 2003-2006

Gliederung

Allgemeines
1. Aktuelle Anforderungen
2. Individuelle Lernmodule
3. Implementierung der Lernmodule
4. Weitere Perspektiven


Allgemeines

Das Projekt Schule und Betrieb (SchuB) wurde 2003 von der PH Ludwigsburg gemeinsam
mit dem Kultusministerium und den Arbeitgeberverbänden gestartet.
Sein Ziel ist, die Kompatibilität zwischen Hauptschule und Ausbildungsbereich
zu erhöhen. Insgesamt baut sich das Projekt in drei Phasen auf:

  1. Schuljahr 2003/04: Empirische Untersuchung einerseits der betrieblichen
    Erfahrungswerte und Anforderungen in den Einstellungsverfahren und in der
    Ausbildung (Fokus: Berufe in der Metall- und Elektroindustrie) sowie andererseits
    der Leistungs-profile von Hauptschüler/innen gegen Ende des achten Schuljahrs;
    Identifizierung von Imkompatibilitäten beider Bildungsbereiche.


  2. Schuljahr 2004/05: Entwicklung, Erprobung und Evaluation von Lernmodulen zur
    ausbildungsbezogenen Förderung mathematischer und sprachlicher Kompetenzen.


  3. Schuljahr 2005/06: Landesweite Implementierung der Lernmodule in Kooperation
    mit Hauptschulen in allen 4 Regierungsbezirken.

Die beiden Auftrag- und Geldgeber leiten gemeinsam mit den Wissenschaftlern der
Pädagogischen Hochschule - neben Prof. Martin Weingardt war dies in den beiden
ersten Tranchen Prof. Karl Schneider - das Projekt.
Ein Projektbeirat wurde aus Verantwortlichen der beteiligten Betriebe und des
Schulbereichs formiert, der die Erhebungen in den Betrieben und Schulen
sowie die Ausgestaltung der Lernmodule beratend begleitete.


1. Aktuelle Anforderungen an Ausbildungsplatzbewerber/-innen aus der
Hauptschule in den betrieblichen Einstellungsverfahren
- Untersuchungsergebnisse der ersten Tranche 2003/04


In der ersten Tranche wurden in drei Modellregionen (städtischer Raum: Mannheim;
ländlicher Raum: Oberschwaben; Mischregion: Ludwigsburg) zunächst die Ausbilder
unterschied-licher Betriebsgrößen nach Ihren Erfahrungen mit Hauptschulabgängern
in den Einstellungs-verfahren und in der Ausbildung befragt. Unter anderem
identifizierten sie erneut als ent-scheidende Kernleistungsbereiche die
Sprachkompetenzen, die mathematischen Fähigkeiten und die Schlüsselqualifikationen.
Bereits in der Vorauswahl der Ausbildungsbewerber/innen in technischen und
kaufmännischen Berufen wirken schlechte Noten in Mathematik und Deutsch nach
wie vor oft als K.o.-Kriterien.

Zu diesen drei Kompetenzfeldern wurden deshalb in einer weiteren Erhebung in 2003/04
die Anforderungen in der Ausbildung und im anschließenden Arbeitsalltag eines
Facharbeiters bzw. einer Facharbeiterin differenziert festgestellt.
Dem wurden dann die Schwäche-Stärken-Leistungsprofile von Hauptschülerinnen
und -schülern gegen Ende der Hauptschulzeit gegenübergestellt, so wie sie sich den
Hauptschullehrkräften darstellen. Dass diese Leistungs-profileinschätzung zutreffend
ist, wurde in einer weiteren Befragung von Lehrkräften in BFS, BVJ und
Teilzeitschulklassen der Berufsschule bestätigt.

Die Analyse der Daten* zeigte u.a., dass Lehrerinnen und Lehrer in der Hauptschule
i.d.R. so gut wie Berufsschulkräfte und Ausbilder wissen, welche Teilkompetenzen
in den Schulklassen nur begrenzt vermittelt werden, obgleich sie in der Ausbildung
später wichtig wären (s.u.). Die Analyse wies zudem darauf hin, dass neben möglichen
diagnostischen Schwächen das noch größere Problem der Lehrkräfte in einem Mangel an
spezifischen Lernkonzepten und Fördermaterialien für die konkrete unterrichtliche
Arbeit in der Hauptschule bestehen dürfte. Die Lehrerinnen und Lehrer erkennen die
Teilleistungsschwächen Ihrer Schülerklientel wohl, doch allein dadurch sind sie
noch nicht in der Lage, individuell Abhilfe zu schaffen. Dazu bedarf es vielmehr
angemessener Lernkonzepte und Unterrichtsmaterialien, die aber insbesondere für den
Hauptschulbereich bislang kaum entwickelt wurden.
(vgl. auch Forschung > 1.Tranche)

* Einzelheiten dieser Erhebungen sowie die Ergebnisse und daraus resultierenden Empfehlungen lassen sich dem Bericht
zur ersten Tranche entnehmen:Sven Entenmann/ Karl Schneider/ Martin Weingardt: Anforderungsprofile der Wirtschaft
und Leistungsprofile der Hauptschüler und Schülerin-nen im Vergleich.Eine empirische Untersuchung im Bereich der Metall-
und Elektroindustrie in Baden-Württemberg. Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Juli 2005 (145 S.)




2. Individuelle Lernmodule zur besseren Bewältigung des Ausbildungseinstiegs
als didaktisches Rahmenkonzept
- Ansatzpunkte und Ergebnisse der 2.Tranche 2004/05


Differenz als Ausgangspunkt
In einer zweiten Tranche 2004/05 wurde deshalb eine Lernkonzeption entwickelt.
Deren basaler didaktische Ausgangspunkt ist, dass es insbesondere in den
Lernfeldern der Kernkompetenzen wenig zielführend ist, wenn allen Schülerinnen
und Schülern stets dasselbe Lern-programm verordnet wird. Vielmehr bestehen
bei den einzelnen Jugendlichen beispielsweise sehr unterschiedliche

Diese Differenzen machen es erforderlich, ebenso differenzierte Lernmodule anzubieten
bzw. zu entwickeln. Die Ausbildungsfähigkeit für einen Metallberuf unterscheidet
sich von der Ausbildungsfähigkeit etwa für den Gärtner- oder Erzieherberuf
grundlegend. Sehr unterschiedliche sprachliche, mathematische und weitere
personale Teilkompetenzen rücken bei diesen Berufsbildern und damit auch im
jeweiligen Bewerbungsverfahren in den Vordergrund. Bei allen Acht- bzw.
Neunklässler der Hauptschule dasselbe Profil von Ausbildungsfähigkeit aufbauen
zu wollen, entspricht heute weniger denn je den Gegebenheiten der Ar-beitswelt.

Adäquat zur Arbeitswelt ist vielmehr: Jede/r Hauptschüler/in sollte die Chance haben,
gezielt an solchen Teilleistungsschwächen zu arbeiten, die für seine bzw. ihre
beruflichen Perspektiven und die dementsprechenden Bewerbungs- und
Einstellungsverfahren besonders entscheidend erscheinen. Wer einen Metallberuf
anvisiert, übt also etwa das Umstellen und Lösen von Gleichungen, welches in
den betrieblichen Einstellungstests nachweislich eine beachtliche Rolle spielt;
wer in den Einzelhandel möchte, arbeitet eher mit dem Lernmodul zum Kopfrechnen;
wer auf ein Handwerk zielt, wird sich möglicherweise dem Modul Maßein-heiten zuwenden.
Im Zuge des zweiten Halbjahres der achten Klasse, wenn die 14-15jährigen
Hauptschülerinnen und -schüler allmählich klarere Vorstellungen entwickeln sollten,
in welchem Berufsfeld sie eine Ausbildung bzw. Bewerbung anstreben wollen,
können sie sich anhand der Modulpakete fit machen für die jeweiligen
Einstellungsverfahren.

Selbständiges Arbeiten
Die Gespräche mit den Ausbildern in der ersten Tranche des Projekts SchuB erbrachten
den Befund, dass die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Arbeiten und selbständigem
Erlernen von neuem Fachwissen und neuen Kompetenzen
anhand schriftlicher Unterlagen
und Manuale als eine zentrale Kompetenz eines Facharbeiters und damit auch eines
Auszubildenden betrachtet werden.

In eine ähnliche Richtung weist die etwa im Zusammenhang mit Qualitätsmanagement
geforderte Fähigkeit zum regelmäßigen schriftlichen Dokumentieren der individuelle
verantwor-teten Arbeitsvorgänge, erbrachten Arbeitsergebnisse und erkannten
Optimierungsmöglich-keiten.

Dem entspricht auch die Notwendigkeit des "life-long learning", d.h. die Anforderung,
sich immer wieder aufs Neue eigenständig fortzubilden oder sich bei betrieblichen
Umstrukturie-rungen oder gar Arbeitsplatzverlust in ein neuartiges Berufs- und
Arbeitsfeld einzuarbeiten.

Die Lernmodule wurden deshalb bewusst so angelegt, dass neue Fähigkeiten nicht über einen
instruktiv-frontalen Klassenunterricht durch die Lehrkraft, sondern durch mehrwöchiges
individuelles Arbeiten anhand schriftlicher Unteralgen erworben werden. Bei Verständnis-
und Lernschwierigkeiten sollen zunächst Mitschüler - später im Erwerbsleben Kolleginnen
und Kollegen! - um Rat oder Hilfestellung gebeten werden, ehe der Lehrer gefragt
wird. Die Lehrperson tritt also in den Hintergrund des Lerngeschehens, wird zum
Lernbegleiter.

Weitere beachtete Prinzipien
Gleichzeitig folgen die Lernmodule weiteren Leitlinien. Sie beachten verschiedene Ausgangs-
und Zielniveaus bei den Schülerkompetenzen. Sie betonen in Texten und Aufgaben
den Arbeitsweltbezug und verstärken so die innere Ausrichtung der Achtklässler auf
Ausbildung und Bewerbung. Sie beschreiben ein kumulatives, kursartiges Lernen anstelle
einer ‚Einzelblattdidaktik'. Sie setzen auf höchstmöglich Selbständigkeit und
Selbstkontrolle der Schüler.

Erprobung und Evaluation
Die Module wurden in 38 Hauptschulklassen der drei Modellregionen zwischen Ostern
und Pfingsten 2005 erprobt sowie formativ und summativ evaluiert. Die von über
800 Schülern und 34 Lehrkräften ausgefüllten Fragebögen wurden statistisch ausgewertet
und analysiert.
(vgl. auch Forschung > 2.Tranche)


3. Implementierung der Lernmodule an der Basis - Ansatzpunkte der 3. Tranche

Die Rückmeldungen der Lehrer und Schüler fielen grundsätzlich sehr positiv aus.
Die Arbeit mit den Modulen erwies sich als eine überdurchschnittlich motivierende,
lernwirksame und mit neuen pädagogischen Chancen verknüpfte Lehr- und Lernform.
Auf der Basis der auch kritischen Rückmeldungen und Anmerkungen etwa zu Details
der Modulgestaltung wurde diese im Herbst und Winter 2005/06 noch einmal optimiert.

Im Frühjahr meldeten sich auf eine Ausschreibung im Info-Dienst Schulleitung hin
130 Hauptschulen, die an der Implementierung und Erprobung der Lernmodule zwischen
Ostern und Pfingsten 2006 teilnehmen wollten. Über 170 Lehrkräfte dieser Schulen
ließen sich am 29.März 2006 an der PH Ludwigsburg in die Arbeit mit den
Modul-Konzeption gründlich einführen und führten sie ab Ostern mit ihrer Klasse durch.
Die Ergebnisse der Rückmeldungen insbesondere zu Fragen des unterrichtlichen
Handlings werden im Sommer/Herbst 2006 ausgewertet.
(vgl. auch Forschung > 3.Tranche)


4. Weitere Perspektiven

Mittlerweile wurden die Lernmodule beim Schneider-Verlag Hohengehren verlegt
(hrsg. v. M.Weingardt) und sind über den Buchhandel zu beziehen.

( Vgl auch: Lernmodule > Bezug der Module)

Die weitere Verbreitung und Disemination der Lernmodul-Konzeption im schulischen
und betrieblichen Sektor wird in Gesprächen mit der Schulverwaltung und mit
Verantwortlichen der betrieblichen Ausbildung vorbereitet. Interesse wurde
auch im Bereich der Sonderschulen und der Beruflichen Schulen (insbes. BVJ
bzw. BEJ) geäußert.